 | Mehr Lehrkräftenachwuchs gewinnen
Auch wenn sich angesichts weiterhin geschlossener Schulen und Distanzunterricht in den vergangenen Wochen viel um die Digitalisierung der Schulen gedreht hat und die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Britta Ernst, die Bildung in der digitalen Welt zum Schwerpunktthema ihrer Präsidentschaft gemacht hat, gab es im letzten Monat ein weiteres Thema, das in den Medien sehr präsent war: Die Sicherung von Lehrkräftenachwuchs und die Bekämpfung des Lehrermangels.
Ausgehend von der im Dezember vorgelegten neuen Prognose der KMK zum Lehrkräftebedarf gab es zahlreiche Meldungen zu Reformvorhaben der Lehrerbildung in verschiedenen Bundesländern, zum Ausbau von Studien- und Ausbildungskapazitäten für angehende Lehrkräfte und zur Ausweitung der Qualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigenden. So wirbt das Kultusministerium in Bayern für Quereinsteigende in den gewerblich-technischen Fächern der beruflichen Schulen, Hessen stellt im neuen Haushalt mehr Geld für Lehrerstellen zur Verfügung (Frankfurter Rundschau/dpa), Mecklenburg-Vorpommern ermöglicht Seiteneinsteigenden nun den berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst (Süddeutsche Zeitung/dpa), Rheinland-Pfalz baut das Studienangebot im Grundschullehramt aus (SWR) und Sachsen ist dabei, die Ausbildung von Lehrkräften zu regionalisieren, um mehr Nachwuchs für ländliche Räume zu gewinnen (MDR). Das Thema bleibt also virulent und führt zu kreativen Lösungen. Einen Status quo, weitere Ideen und Anregungen für flexiblere Einstiegsmöglichkeiten in die Lehramtsausbildung haben wir in unserer jüngsten Publikation „Flexible Wege ins Lehramt – Qualifizierung für einen Beruf im Wandel?!“ vorgestellt.
Unser Gastbeitrag kommt diesen Monat von Prof. Stefanie Pfister von der Universität Münster, die den Blick auf die Notwendigkeit und die Möglichkeiten einer digitalen Didaktik für den Religionsunterricht wirft – der auch in Krisenzeiten großes Potenzial birgt.
| |  | 20.01.2021: Deutsche Kinder- und Jugendstiftung 01.02.2021:
PH Zug (CH) 25./26.02.2021:
TU Darmstadt 04./05.03.2021:
Universität Münster
09./10.03.2021: Bundesministerium für Bildung und Forschung
23.-27.03.2021:
Messe Stuttgartdidacta 2021 (Neuer Termin im Mai 2021 wird geprüft.) 25.03.2021:
BilRess-Netzwerk
01.-03.09.2021:
| | | | „Gute Aussichten für Lehramtsbewerber“: Kultusministerkonferenz legt neuen Bericht zum Lehrkräfteeinstellungsbedarf und -angebot vor
(Kultusministerkonferenz)Ein steigender Lehrkräftebedarf stellt die Länder auch künftig vor große Herausforderungen. Dies geht aus der aktuellen Zusammenfassung der Modellrechnungen der Länder zum Einstellungsbedarf und Angebot an Lehrkräften für den Zeitraum 2020-2030 der Kultusministerkonferenz hervor, die diese Mitte Dezember vorgelegt hat. Zugleich weist der Bericht auf die guten Einstellungschancen im Schulsystem hin, die angehende Lehrkräfte in den kommenden Jahren vorfinden werden. So wird z.B. im Primarbereich bis 2025 ein jährliches Unterangebot von durchschnittlich 1.700 Lehrkräften, ab 2025 allerdings ein wachsendes Überangebot von bis zu 2.240 Lehrkräften im Jahr 2030 prognostiziert. weiterlesen
Laut Verband Bildung und Erziehung rechne sich die Kultusministerkonferenz den Lehrkräftebedarf weiter schön, die vorgelegten Zahlen orientierten sich nur am Status quo. Die KMK brauche eine Strategie, den wahren Lehrkräftebedarf mit originär ausgebildeten Lehrkräften zu decken. KMK-Präsidentschaft 2021: Brandenburg stellt die Präsidentin – Ministerin Ernst gewählt
(Kultusministerkonferenz)Brandenburg stellt im Jahr 2021 zum zweiten Mal nach 2005 die Präsidentin der Kultusministerkonferenz. Sie folgt im Amt auf die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig, die jetzt 3. Vizepräsidentin wird. Als Schwerpunktthema hat Ernst „Lernen und Lehren – guter Unterricht in Zeiten der digitalen Transformationen“ gewählt. weiterlesen Lehrkräftebildung auf einem guten Weg zur „Schule der Vielfalt“
(Hochschulrektorenkonferenz)Lehramtsstudierende und Lehrer*innen sollen besser auf die Diversität von Schülerinnen und Schülern vorbereitet werden. Mit diesem Ziel haben HRK und KMK 2015 die gemeinsame Empfehlung „Lehrerbildung für eine Schule der Vielfalt“ verabschiedet. Nun zogen sie eine Zwischenbilanz und veröffentlichen den gemeinsamen Bericht dazu. weiterlesen Juso-Chefin wirbt für Lehramtsstudierende an Schulen
(WirtschaftsWoche)Die neue Juso-Chefin Jessica Rosenthal schlägt vor, Lehramtsstudierende in der Corona-Krise als zusätzliche Lehrkräfte einzusetzen. So könnten kleinere Lerngruppen gebildet und die Infektionsgefahr verringert werden. Sobald es zu verantworten sei, sollten Kinder und Jugendliche in die Schule zurückkehren können. weiterlesen Fernunterricht: Haben Schulen dazugelernt?
(Robert Bosch Stiftung)Verglichen mit den ersten Schulschließungen im März 2020 haben Lehrkräfte beim Einsatz digitaler Formate und Tools erkennbar dazugelernt. Bei der technischen Ausstattung der Schulen ist Deutschland hingegen kaum vorangekommen. Das zeigt die Folgebefragung von Lehrkräften für das Deutsche Schulbarometer Spezial, deren Ergebnisse auf dem Deutschen Schulportal veröffentlicht wurden. weiterlesen
| | | | Bayern:Quereinstieg für Lehramt an beruflichen Schulen möglich: Bewerberinnen und Bewerber in Bautechnik und Elektro- und Informationstechnik gesucht(Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus)Das Bayerische Kultusministerium lässt aufgrund des anhaltenden Bedarfs an Bewerber*innen für das Lehramt an beruflichen Schulen in den Fachrichtungen Bautechnik sowie Elektro- und Informationstechnik auch Diplomingenieur*innen (Universität) oder Masterabsolvent*innen (Universität oder Hochschule) der Fachrichtungen Bautechnik, Elektro- und Informationstechnik oder verwandter Studiengänge zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt an beruflichen Schulen in Bayern zu. weiterlesen Hessen:
2021: Rekordinvestitionen ins Bildungssystem, zusätzliche Stellen für Lehrkräfte(Frankfurter Rundschau/dpa)Laut Kultusminister Alexander Lorz wolle das Land 2021 eine Rekordsumme von 4,3 Milliarden Euro in das Bildungssystem investieren. Das Geld sei unter anderem für mehr Lehrkräfte, die Sprachförderung, den Ganztagsausbau oder die Digitalisierung vorgesehen. Den Schulen würden insgesamt 1.156 zusätzliche Lehrer*innenstellen zur Verfügung gestellt. weiterlesen Mecklenburg-Vorpommern:
Verbindliche Qualifizierung für Seiteneinsteiger*innen(Süddeutsche Zeitung/dpa)In Mecklenburg-Vorpommern sollen Seiteneinsteigende in den Lehrerberuf künftig einen berufsbegleitenden Vorbereitungsdienst absolvieren. Laut Bildungsministerin Bettina Martin sei dies eine verbindliche Qualifizierung und vergleichbar mit dem Referendariat. Dafür solle das Lehrerbildungsgesetz geändert werden. Eine wesentliche Neuerung sei dabei auch, dass das Land mit den Universitäten nun jährlich Zielvereinbarungen für die Aufnahmekapazitäten im Lehramtsstudium festlege. Diese sollen sich schulart- und fächerspezifisch an der Lehrerbedarfsplanung orientieren. weiterlesen Rheinland-Pfalz:
Land will mehr Lehrkräfte ausbilden(SWR aktuell)Da die kürzlich vorgestellten Modellrechnungen der KMK für die kommenden Jahre einen höheren Lehrkräftebedarf als bisher prognostiziert auswiesen, wolle sich das Bildungsministerium stärker dem Lehrkräftenachwuchs widmen. Um den Bedarf an Grundschullehrkräften zu decken, gebe es bereits zum Wintersemester 2020/21 einen neuen Studiengang an der Universität Trier. Bei den Berufsbildenden Schulen wolle das Bildungsministerium verstärkt die Möglichkeiten des Quer- und Seiteneinstiegs anbieten. weiterlesen Sachsen:
Lehrerbildung soll reformiert und regionalisiert werden(MDR)Die Fraktionen der sächsischen Regierungskoalition wollen mit einer Reform des Lehramtsstudiums dem Lehrermangel vor allem im ländlichen Raum entgegenwirken. Die Regionalisierung der Ausbildung von Referendar*innen solle ausgebaut werden, um Absolvent*innen in den ländlichen Raum zu locken. Die Zahl der Lehramtsstudienplätze solle um weitere 300 auf dann 2.700 aufgestockt werden. Die geplante Reform sehe außerdem vor, Lehrkräfte für die weiterführenden Schulen nicht mehr getrennt, sondern zusammen auszubilden. weiterlesen Thüringen:
Zulagen für angehende Lehrkräfte und Änderung des Lehrerbildungsgesetzes(Süddeutsche Zeitung/dpa)Im Kampf gegen den Lehrermangel habe der Landtag mehrere Gesetzesänderungen beschlossen. So solle ein Zulagensystem angehenden Lehrkräften monatliche Zuschläge sichern, wenn sie sich verpflichten, nach dem Ende ihrer Ausbildung fünf Jahre lang in einer Region mit besonderem Lehrermangel zu unterrichten. Außerdem sei das Lehrerbildungsgesetz geändert worden, damit die Universität Erfurt das Lehramtsstudium für Grundschullehrkräfte umstellen könne. weiterlesen
| | | Hochschulspezifische News | | | Universität Flensburg:Zusammenspiel: Theater, Uni, Schule
Der Präsident der Universität Flensburg, Prof. Dr. Werner Reinhart, und die Generalintendantin und Geschäftsführerin der Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH, Dr. Ute Lemm, haben eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. "Dies ist ein guter Tag für unsere künftigen Lehramtsstudierenden", freute sich Reinhart. "Wer bei uns ab dem Herbstsemester 2021/22 das Fach ‚Darstellendes Spiel /Theater‘ zu studieren beginnt, wird durch diesen Vertrag ganz sicher die Betriebsabläufe eines Theaters von innen kennenlernen, Inszenierungsprozesse begleiten und praktische Erfahrungen sammeln." weiterlesen Universität Halle-Wittenberg:
„Es braucht mehr als Schulbücher und staubende Kreide“(Neues Deutschland)Wissenschaftler*innen der Universität Halle-Wittenberg wollen erreichen, dass Digitalisierung ein Basiselement der Lehrkräfteausbildung wird. Unter der Leitung von Didaktik-Professor Matthias Ballod untersuchen Wissenschaftler*innen im durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten Projekt Dikola (Digital kompetent im Lehramt), wie sich Bildung in einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt gestalten lasse. Das Projekt wirke tief in den Uni-Betrieb hinein und wolle Grenzen zwischen den Fakultäten überwinden. Auch die Verbindung von Lehre und schulischer Praxis werde bewusst gesucht. weiterlesen Universität Halle-Wittenberg:
Digitalisierung im Lehramt: Uni Halle startet internationalen AustauschDie Universität Halle-Wittenberg will sich zur Digitalisierung im Lehramt international stärker vernetzen. Mit einem digitalen Kick-off-Meeting vom 11. bis zum 14. Januar startete das Projekt "Digital Competence in Teacher Education" (DiCoTe) mit den Universitäten Graz in Österreich und Tartu in Estland. Es wird über das europäische Erasmus+-Programm gefördert und an der Uni Halle koordiniert. Ziel ist der Austausch zu guter Praxis aber auch Fehlern bei der Digitalisierung im Lehramt. weiterlesen Universität Jena:
Fellowships für digitale Lehrformate an Thüringer Hochschulen vergeben(Stifterverband)Acht Projekte in Thüringen werden ab sofort im Rahmen des Programms "Fellowships für Innovationen in der digitalen Hochschullehre" gefördert, darunter auch das Jenaer Projekt „Digital Casebooks: Fallbasierte Selbstlernumgebungen zur Förderung des Theorie-Praxis-Transfers im Lehramtsstudium“ von Dr. Franziska Greiner. Die Fellowships sollen Anreize für gute digitale Lehrkonzepte setzen und bei deren Einführung unterstützen. Sie werden in diesem Jahr bereits zum dritten Mal durch das Wissenschaftsministerium und den Stifterverband vergeben. Das Land unterstützt jedes Konzept je nach Bedarf mit maximal 50.000 Euro. weiterlesen Universität Potsdam:
Jetzt bewerben – Qualifizierung für Lehrkräfte mit Flucht- und MigrationsgeschichteNoch bis zum 29. Januar 2021 können sich berufserfahrene Lehrkräfte mit Flucht- und Migrationsgeschichte für eine Ergänzungsqualifizierung an der Universität Potsdam bewerben. Die zum Refugee Teachers Program gehörende Qualifizierung startet im April 2021 und läuft über vier Semester. Die Teilnehmenden, die über einen Hochschulabschluss und Berufspraxis als Lehrkraft an einer Schule in ihrer Heimat verfügen müssen, können sich an der Universität sprachlich, fachlich, pädagogisch und interkulturell auf die Arbeit an brandenburgischen Schulen vorbereiten. weiterlesen Universität des Saarlandes:
Game-based Learning als projektübergreifendes Konzept in den saarländischen Projekten SaLUt und MoDiSaar(Qualitätsoffensive Lehrerbildung)Unter Game-based Learning versteht man den Einsatz von Spielen zur Unterstützung von Lernprozessen. Bisherige Studien zeigen, dass Game-based Learning die Motivation der Lernenden erhöhen und somit den Lernerfolg verbessern kann. In den saarländischen Projekten zeigen sich clusterübergreifend verschiedene Einsatzmöglichkeiten und Forschungsbereiche in Bezug auf Game-based Learning. weiterlesen
| | | | Gastbeitrag: Susanne Lin-Klitzing zum Bildungsnotstand und zuVersäumnissen der Bildungspolitik(Jan-Martin Wiarda)Die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes nennt Aussagen der KMK zum „Corona-Bildungsnotstand“ an Schulen „scheinheilig“, in Wahrheit gehe es um den aktuellen Betreuungsnotstand. Um den wahren, viel älteren, Bildungsnotstand zu bekämpfen, fordert Lin-Klitzing u.a. eine kontinuierlich ausreichende Lehrkräfteversorgung und eine fachlich und pädagogisch ausreichende und auf hohem Niveau standardisierte Nachqualifizierung von Quer- und Seiteneinsteigenden in den Lehrerberuf. weiterlesen
Kommentar: Schult unsere Lehrer!(Handelsblatt)Barbara Gillmann kommentiert im Handelsblatt die Ergebnisse der neuen Schulvergleichsstudie TIMSS und beklagt die mangelhafte Fortbildung von Lehrkräften in IT-Kompetenzen: Deutsche Lehrkräfte hingen bei ihrer Digitalkompetenz im internationalen Vergleich weit hinterher, was zu einem immer größeren Problem werde. weiterlesen
| |  | Deutsche Telekom Stiftung: FundaMINT: Lehrtalente gesucht Schule braucht motivierte und engagierte Lehrkräfte. Mit dem Stipendienprogramm FundaMINT fördert die Deutsche Telekom Stiftung Lehramtsstudierende einer weiterführenden Schulform, die mindestens eines der Fächer Mathematik, Physik, Technik, Chemie oder Informatik im Haupt- oder Masterstudium studieren. Auch Bewerbungen von Quereinsteiger*innen im Masterstudiengang sind erwünscht. Bewerbungen für das Stipendienjahr 2021 können bis zum 28. Februar 2021 über das Bewerberportal eingereicht werden. Das für die Kandidaten eintägige Auswahlseminar findet am 2. und 3. Juli 2021 in Bonn statt. | | | | Bildung und Wissenschaft: Was wird 2021 wichtig?(Jan-Martin Wiarda)Jan-Martin Wiarda bricht mit seiner Tradition, zu Anfang des Jahres einen Ausblick auf die Bildungs- und Wissenschaftspolitik der nächsten zwölf Monate zu liefern – für 2021 wolle er keine Vorhersagen wagen. Dafür stellt er die wichtigsten bildungs- und wissenschaftspolitischen Fragen ans neue Jahr zusammen, u.a. zur digitalen Bildung und der Zukunft der KMK. Beim Thema Lehrermangel stelle sich die Frage, ob die Kultusministerien endlich die lange überfällige Flexibilisierung der Lehrerausbildung in Angriff nehmen. weiterlesen
Campus & Karriere vom 02.01.2021: Aussichten fürs Bildungsjahr(Deutschlandfunk)In dieser Samstagssendung geht Armin Himmelrath den Fragen nach, welche Konzepte von digitalem Hybrid- und Wechselunterricht in der Corona-Pandemie sinnvoll sind, wie die zunehmende Diversität im Bildungssystem die nötige Aufmerksamkeit erhalten kann und welche kreativen Modelle im Schul- und Ausbildungssystem sich anbieten. Gäste sind Myrle Dziak-Mahler, Bildungsforscherin der Uni Köln, Peter Streuwer, Leiter der Vennbruchschule Duisburg, und der Bildungsökonom Dieter Dohmen. anhören
„Hätten Sie’s gewusst?" 10 Quizfragen zur Lehrerausbildung(Das Deutsche Schulportal)Mit einem neuen Quiz des Deutschen Schulportals können Interessierte ihr Wissen über die Unterschiede und Besonderheiten zwischen den Bundesländern in der Lehrerbildung testen, ob beim Aufbau des Studiums, bei den Abschlüssen oder beim Referendariat. weiterlesen
| | | | „Wozu überhaupt Religionsunterricht digital?“
Ein Beitrag von Prof. (apl.) Dr. phil. Stefanie Pfister
(Seminar für Praktische Theologie und Religionspädagogik an der Universität Münster)
| |  | (Foto: Mehmet Kilic)
| | | Ausgerechnet um Religionsunterricht soll es nun gehen? Haben wir nicht angesichts der Corona-Krise wichtigere Fächer als Religion zu unterrichten und dort die Lehrer*innen sowohl in der Studiums- als auch in der Ausbildungsphase fit zu machen? Und was soll Religionsunterricht in Krisenzeiten überhaupt bewirken? Ich plädiere trotz der bekannten Vorbehalte nicht nur für die Notwendigkeit eines digitalen Religionsunterrichts, sondern für die Entwicklung einer Didaktik desselben. Die Corona-Pandemie traf die Schulstruktur und die Unterrichtsgestaltung im Frühjahr des vergangenen Jahres sehr unvorbereitet. Dies gilt im besonderen Maße auch für den Religionsunterricht, der sich – bedingt durch seinen besonderen rechtlichen Status (und seine je unterschiedliche Akzeptanz vor Ort, da der Religionsunterricht ausfiel) – häufig vor die Herausforderung einer zusätzlichen Legitimation nach außen (mit Blick auf die schulpädagogische Begründung und Verortung) sowie vor die Herausforderung einer eigenen Fachdidaktik gestellt sah und weiterhin noch sieht (Binnenperspektive).
Folgende Herausforderungen trafen den schulischen Unterricht und damit auch den Religionsunterricht besonders hart: - fehlende Fortbildungen zur digitalen Didaktik und Lehrformate für Lehrkräfte,
- fehlende Seminarangebote zur Didaktik des digitalen Religionsunterrichts in der Lehrer*innenausbildung,
- fehlendes digitales Know-How, Unterrichtserfahrung, Arbeitsmaterialien,
- Nichterreichbarkeit von Schüler*innen, die z.B. mit der familiären Situation überfordert waren, in denen nicht selten Gewalt, Angst vor Arbeitslosigkeit, psychischer Druck vorherrschte und für die der Stellenwert des schulischen Unterrichts sehr gering war,
- technische Unzulänglichkeiten und fehlende Möglichkeiten seitens der Schüler*innen für digitale Unterrichtsformate, die sich z.B. einen PC oder ein internetfähiges Smartphone mit ihren Geschwistern teilen müssen oder keinen Drucker zuhause haben,
- fehlende persönliche Beziehung zur Lehrkraft (insbesondere in Krisenzeiten ist die persönliche Beziehung zu einer Lehrkraft wichtig),
- fehlende Klassengemeinschaft, welche aber sehr wichtig ist für den Lernerfolg.
Erschwerend für den Religionsunterricht kamen folgende Aspekte hinzu: - Der Stellenwert des Faches Religionsunterricht sank immens: Religionsunterricht fiel weitgehend aus oder wurde nur in Form von bereitgestellten Aufgaben auf der Schulcloud erteilt, da man sich auf die Hauptfächer konzentrierte. In den Unterrichtsphasen der geteilten Klassenphasen, der in alphabetischen A- und B-Gruppen stattfand, wurde der Religionsunterricht gar nicht mehr unterrichtet. Und in den anschließenden Präsenzphasen, in denen Schüler*innen oft in Quarantäne oder selber erkrankt waren, fand der Religionsunterricht aufgrund der Reduzierung der Kontaktmöglichkeiten im Klassenverband als Praktische Philosophie statt.
- Es bestehen für den digitalen Religionsunterricht keine ausgefeilten fachdidaktischen Konzepte wie beispielsweise für den analogen Religionsunterricht.[1]
- Zudem fehlt es den Lehrkräften an Erfahrung, wie man eine digitale Kommunikation des Evangeliums im Religionsunterricht vornehmen kann, ohne die Schüler*innen zu überwältigen oder zu unterfordern.
- Es fehlt an ministerial vorgegebenen Strukturen zur Leistungsbewertung, was zu einer heterogenen Leistungsbereitschaft und Motivationslosigkeit führt.
Die Lehrkraft muss Resonanz-, Präsenz- und Beziehungsräume schaffen Ein Zugang liegt meines Erachtens in der Betonung von Resonanz und Präsenz: Der Begriff der „Resonanz“, durch den Soziologen Hartmut Rosa geprägt, kann auch für den digitalen religionspädagogischen Unterricht aufgegriffen werden. Rosa versteht unter Resonanz eine Form von Weltbeziehung, in der die Menschen mit der Welt prozesshaft in Beziehung treten, wobei sich dadurch sowohl die Welt verändert als auch der Mensch. Dies geschieht immer dann, wenn die Menschen zum Beispiel existentiell berührt oder angesprochen werden, wenn sie z.B. merken, dass ihre Erfahrungen auf ähnliche Erfahrungen treffen. Auf die Schule bezogen bedeutet dies, dass ich als Lehrkraft den Schüler*innen Resonanz biete – also einen Raum, in dem sie ihre Emotionen und ihr Selbst zeigen und dies weiter entwickeln können. Wenn wir uns als Lehrkräfte darauf einlassen, Resonanz zu bieten, können auch wir berührt und angesprochen und auch verändert werden. Daher kommt uns als Lehrkräfte mit unserer Fähigkeit zur Resonanz und unserer „Präsenz“ (Michael Meyer-Blanck) die Aufgabe zu, nicht nur Repräsentationsfunktion zu haben, sondern auch Resonanzboden zu sein und Resonanz im Religionsunterricht zu ermöglichen: Wenn ich mich als Person emotional einbringe, authentisch lehre, was ich glaube und wobei ich Zweifel habe, wenn ich mich nicht scheue, ehrlich von meinen eigenen Sorgen zu berichten, dann ermögliche ich auch Offenheit bei den Schüler*innen, dann scheuen auch sie nicht, sich einzubringen, z.B. ihre Kamera im digitalen Unterricht eingeschaltet zu lassen und auch persönliche religiöse Bezüge zu ziehen.
Damit treten wir mit unserer Präsenz und Leiblichkeit, die digital auch ermöglicht wird, in eine sinn- und seinsstiftende Weltbeziehung. Für die Schüler*innen ist es wichtig, dass die Leiblichkeit, Präsenz und Resonanz auch weiterhin hergestellt wird, da sie sich sonst hinfort schleichen („Mein Internet funktionierte nie“), keine Motivation haben („Mein Lehrer macht eh nur Videokonferenz ohne Bild, dem ist es egal, wie es mir geht“), nicht mitmachen („was soll ich bei seiner Powerpoint die ganze Zeit zuhören, ich kann ja eh nichts dazu sagen“) oder gar nicht mehr – weder digital noch real – auftauchen (an meiner sozialen Brennpunktschule leider kein Einzelfall).
Wie könnte eine digitale Lehreinheit im Religionsunterricht aussehen? Zum Beispiel so: Vor der Unterrichtstunde/Seminarsitzung erhalten die Schüler*innen/Studierenden den Arbeitsauftrag, dass sie verschiedene Materialen zum Gestalten aus der Natur, ihrer Wohnung, aus ihrem Alltag vor sich auf einem Tablett für die Zoom-Sitzung bereitlegen sollen.
Einzelarbeit: Nach einer kurzen Einleitung in der Zoom-Galerie gestalten die Schüler*innen/Studierenden zum Satz: „Gott ist heute für mich wie...“ in Einzelarbeit, mit ausgeschalteter Kamera, aber mit Ton, damit der Kontakt zueinander möglich ist, ihre persönliche Gottesvorstellung.
Erarbeitungsphase in den Breakout-Rooms: Nach ca. 10 Minuten gehen die Schüler*innen/Studierenden in Kleingruppen in die Breakout-Rooms und stellen dort ihre Gottesvorstellung den Mitschüler*innen vor bzw. lassen diese interpretieren. Nur dort gibt es den unmittelbaren, den persönlichen Austausch, weil eine Gottesvorstellung sehr privat ist. Im Plenum wird anschließend ausschließlich über die Methode und Umsetzungsmöglichkeiten sowie die Wandelbarkeit der Gottesvorstellung im Alltag und Lebenslauf diskutiert.
Vorstellungsphase im Plenum: Anschließend fotografieren die Schüler*innen/Studierenden ihre Gottesvorstellungen ab, sodass sie in die PPP für die nächste Religionsunterrichtsstunde/Seminarsitzung eingebunden werden können. Wenn sie möchten, können die Schüler*innen/Studierenden von ihrer Gottesvorstellung berichten.
Was folgt daraus? Im Hinblick auf die Ausgangsfragen zeigt sich, dass digitaler Religionsunterricht notwendig ist, damit die Schüler*innen der Schule nicht nur verbunden bleiben, sondern insbesondere ihr Miteinander sowie die Beziehung zur Lehrkraft pflegen. Die Funktion des digitalen Religionsunterrichts ist dabei nicht zu unterschätzen: oftmals sind diese Lehrkräfte auch Vertrauenslehrer*innen und können früh schuldistante oder schulmüde Fälle erkennen. Zudem motiviert das Schaffen von Beziehungsräumen im Religionsunterricht auch zur Aussprache. Schüler*innen, die im digitalen Religionsunterricht motiviert mitarbeiten, können dadurch resilienter mit den gegebenen Herausforderungen – unnatürliche Schulsituation, häusliche Probleme, Schwierigkeiten mit den Herausforderungen und schulischen Aufgaben – umgehen, was sich auf die gesamte Lernsituation überträgt. Zudem bietet die digitale Kommunikation des Evangeliums Halt und Orientierung in Lebensfragen. Ein nicht zu unterschätzendes Gut in Krisenzeiten.
Die digitalen Formate sollten auch in die Lehrerbildung in Form von Workshops mit digitalen Unterrichtsmöglichkeiten implementiert werden: Lehrkräfte, die bereits viel erprobt haben, sollten diese Seminare für Studierende gestalten. Es ist wichtig, dass die Studierenden nachvollziehen, dass digitaler Religionsunterricht nicht nur das Verschicken von Aufgaben über E-Mails sein kann, da hierbei weder Gemeinschaft noch Resonanz noch Präsenz noch Beziehungsräume möglich sind. Selbst jenseits der derzeitigen Pandemiesituation könnten solche digitalen Unterrichtsmethoden den Religionsunterricht didaktisch bereichern, sei es, um hybride Lernformen zu ermöglichen, methodische Variationsbreite anzubieten oder um in Bezug auf weitere Krisen einen Resonanzraum zu bieten, der insbesondere für Schüler*innen in sozialen Brennpunktschulen als Beziehungsraum dient. Ein solcher kann in der Krise und im Leben Orientierung bieten.
| [1] Vgl. Stefanie Pfister/Matthias Roser, Fachdidaktisches Orientierungswissen für den Religionsunterricht. Kompetenzen, Grenzen, Konkretionen, Göttingen 2015.
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