Beispiele guter Praxis aus den Hochschulen
An einigen Hochschulstandorten gibt es vielversprechende innovative Ansätze, multiprofessionelle Zusammenarbeit bereits im Lehramtsstudium zu ermöglichen und für die vielfältigen Facetten von Kooperation zu sensibilisieren. Die folgenden Beispiele sind eine kleine Auswahl von Projekten, die bereits existieren und die Modellcharakter für andere Hochschulstandorte haben könnten.
An der Universität Gießen wird, geleitet von der Idee, dass professionsübergreifende Beziehungen bereits in der universitären Ausbildungsphase gestärkt werden sollten, das studiengangsübergreifende Modul „Arbeiten in multiprofessionellen Teams (AMT)“ entwickelt. Es wird im Rahmen des durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten Projektes realisiert und legt den Schwerpunkt auf das Verhältnis von Schule und Kinderund Jugendhilfe. Die Kooperation von Lehrkräften und Professionen der Kinderund Jugendhilfe soll dabei nicht nur theoretisch fundiert, sondern reflexiv bearbeitet werden. Thematisiert wird dabei unter anderem die Frage von Zuständigkeiten, Rollenkonflikten und -gewissheiten sowie von Machtasymmetrien, die dadurch sichtbar gemacht werden.
Das Seminar ist ein Kooperationsprojekt von Bildungswissenschaften, Sonderpädagogik, Zentrum für LehrerInnenbildung und Zentrum für schulpraktische Lehrerbildung, es ist curricular als Lehrveranstaltung im Praxissemester verankert. Es wird von Studierenden des Grundschullehramtes und der Sonderpädagogik gemeinsam besucht und soll angehenden Lehrkräften Einblicke in das kokonstruktive Arbeiten geben, indem multiprofessionelle Tandems gebildet werden. Ziele des Seminars sind die Entwicklung einer positiven Einstellung zu Inklusion und multiprofessioneller Kooperation sowie eine kritisch-reflexive Grundhaltung auf die inklusive Grundschule und den inklusiven Grundschulunterricht. Der Erwerb von Forschungskompetenz und ersten Handlungskompetenzen in inklusiven, multiprofessionellen Kontexten wird ebenfalls angestrebt. Studierende erwerben in diesem Zusammenhang zudem Kenntnisse über Classroom Management.
An der Universität Kassel wird im Rahmen des durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten Projektes »Pronet« ein Seminarkonzept erprobt und evaluiert. Im Teilprojekt »MuTiG« (Multiprofessionelle Teams in Ganztagsschulen) wird durch eine professionsübergreifende Vernetzung mit dem Studiengang der Sozialen Arbeit eine Weiterentwicklung der Lehrkräftebildung in Hinblick auf multiprofessionelle Kooperation angestrebt. Die so entstehenden Studieninhalte sollen auch für Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und für pädagogische Fachkräfte zugänglich gemacht werden.
Um die professionsübergreifende Zusammenarbeit von Regelschullehrkräften mit Sonderpädagog*innen und anderen pädagogischen Fachkräften bereits in der universitären Ausbildungsphase anzuregen, wurde an der Universität Bielefeld ein Seminar entwickelt, das sich an Masterstudierende aller Lehrämter sowie der Sozialen Arbeit und Beratung richtet. Es handelt sich dabei um ein Teilprojekt des durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderten Bielefelder Projekts »BiProfessional«. Zentrale Zielsetzungen des Teilprojekts sind die Erprobung und Evaluation des Konzepts sowie der Transfer an andere Hochschulstandorte.
Der Studienbereich »Entwicklung einer heterogenitätssensiblen Schule« beschäftigt sich insbesondere mit Fragen der inklusiven Schulentwicklung. Die Studierenden lernen dabei Prozesse, Akteure und Dynamiken der Organisations- und Personalentwicklung hin zu einer heterogenitätssensiblen Schule kennen. Konkret umfasst der Studienbereich unter anderem die Beschreibung des gesellschaftlich-politischen Hintergrundes der Schulentwicklung und von Schulentwicklungsinstrumentarien, die Analyse und Interpretation von Gelingensbedingungen, Erfolgsfaktoren, Methoden, Akteuren und Stakeholdern der Organisations-, Personal- und Unterrichtsentwicklung hin zu einer heterogenitätssensiblen Schule sowie die Bewertung der Kooperation in multiprofessionellen Teams. Damit verbunden ist die Reflexion der eigenen Rolle als wesentlicher Motor der Entwicklung von Schulkultur.
