Vorwort
Gute Lehrerinnen und Lehrer sind das Herzstück unseres Bildungssystems, sie prägen die Lebensläufe unserer Kinder und ihre Chancen auf gesellschaftliche Teilhabe in entscheidendem Maße. Der nahezu bundesweite Lehrkräftemangel ist daher ein unhaltbarer Zustand. Bis 2023 fehlen laut einer Prognose der Kultusministerkonferenz allein an den Grundschulen bis zu 12.400 Lehrkräfte, die Bertelsmann Stiftung geht sogar von wesentlich höheren Zahlen aus. Schulartübergreifend fehlen Lehrkräfte vor allem in den zukunftsentscheidenden MINT-Fächern.
Rund sieben Jahre vergehen vom Beginn des Studiums bis zum Berufseinstieg im Schuldienst, so dass ein Ausbau der Studienkapazitäten im Lehramt den akuten Personalmangel kurzfristig nicht beheben würde. Viele Stellen werden daher mit Quer- und Seiteneinsteiger*innen besetzt – eine Lösung, die bei fehlender Qualität neue Probleme schafft: Dass Lehrpersonen, die zum Teil nicht einmal einen pädagogischen Kompaktkurs absolviert haben, bereits eigenverantwortlichen Unterricht erteilen, ist selbst als Notmaßnahme kaum vertretbar. Beim Einsatz nicht ausreichend qualifizierter Lehrkräfte droht nicht nur eine nicht hinnehmbare De-Professionalisierung des Lehrerberufes, sondern auch deutliche Qualitätseinbußen im Unterricht.
Der Einsatz von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern darf keine überstürzte Notmaßnahme bleiben. Es darf nicht darum gehen, möglichst alle Stellen irgendwie zu besetzen. Entscheidend ist, die Richtigen für den Lehrerberuf zu gewinnen. Die Erfahrungen der Corona-Pandemie oder der Migrationskrise zeigen, dass Lehrkräfte unterschiedlich gut mit gesellschaftlichen Herausforderungen und Krisen umgehen. Eine schnelle Reaktionsfähigkeit des Bildungssystems setzt voraus, dass tatkräftige Gestalterinnen und Gestalter und innovationsbereites Personal an den Schulen tätig sind. Wie lassen sich Lehrkräfte gewinnen, die Bildungsprozesse aktiv gestalten wollen, die krisenfest und mutig sind und den Bildungserfolg des einzelnen Kindes in den Mittelpunkt ihres Handelns stellen, die bereit sind, das sich im Wandel befindende Berufsbild der Lehrkraft positiv mitzuprägen?
Es ist höchste Zeit, grundlegende Anpassungen in der Lehramtsausbildung vorzunehmen. Wir brauchen Konzepte für eine bedarfsgerechte Ausbildung von Lehrkräften, die nachhaltig wirken. Eine Flexibilisierung der Lehramtsausbildung ist überfällig. Über eine stärkere Öffnung für Studierende und Absolventinnen und Absolventen lehramtsaffiner Fachrichtungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihrer Bildungs- und Berufsbiografie könnte es gelingen, mehr und gut geeigneten Lehrkräftenachwuchs zu gewinnen. Gut qualifizierte Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger tragen nicht nur zur Kompensation des Lehrkräftemangels bei. Sie können gleichzeitig auch eine Chance für das Schulsystem sein. Begleitet durch adäquate Weiterbildungsmöglichkeiten »on the job« und nachhaltig professionalisiert können sie wertvolle berufliche Praxiserfahrungen in Schulen einbringen.
In dieser Broschüre werden existierende Einstiegswege ins Lehramt und Möglichkeiten der Eignungsfeststellung für Lehramtsstudierende vorgestellt, Herausforderungen benannt und Empfehlungen formuliert, wie wir mehr von den Richtigen für den Lehrerberuf gewinnen können. Wir wünschen eine anregende Lektüre!
Dr. Jörg Dräger
Mitglied des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung
Dr. Volker Meyer-Guckel
Stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes
Dr. Ekkehard Winter
Geschäftsführer der Deutsche Telekom Stiftung
Dr. Dagmar Wolf
Bereichsleiterin Bildung der Robert Bosch Stiftung
Prof. Dr. Frank Ziegele
Geschäftsführer des CHE Centrum für Hochschulentwicklung

- Vorwort
- Befunde aus dem Monitor Lehrerbildung
- Herausforderungen
- Empfehlungen
- Daten & Downloads
- Meinung: Alexander Biedermann (Universität Leipzig)
- Meinung: Myrle Dziak-Mahler (Universität zu Köln)
- Meinung: Birgit Weyand (Universität Trier)
- Meinung: Falk Radisch und Ivonne Driesner (Universität Rostock)